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Wanderlust – Malta – Dive into the past

Tauche mit uns ein in die faszinierende Geschichte von Malta. Kaum eine andere Insel blickt auf eine so wechselhafte und spannende Vergangenheit zurück. Alle Kulturen des Mittelmeerraumes haben hier ihre Spuren hinterlassen. Ihre Wracks machen Malta zu einem der besten Spots für Wracktaucher.
Matthias Heine
03.09.20 14:30
Und als wir gerettet waren, erfuhren wir, dass die Insel Malta hieß. Die Leute da erwiesen uns nicht geringe Freundlichkeit, zündeten ein Feuer an und nahmen uns alle auf wegen des Regens, der über uns gekommen war, und wegen der Kälte.
Apostelgeschichte des Lukas 28 : 1-2

Der Wecker klingelte bereits zum dritten Mal. Tim war es gewohnt, früh aufstehen zu müssen. Auf Safaribooten genoss er es, vor allen anderen an Bord zu stehen und die Morgendämmerung zu genießen, bevor es ins Wasser ging. Aber in die Kirche? Als Luke ihm gestern den Vorschlag machte, hielt er das erst für einen Scherz. Obwohl, er hatte gelesen, dass die Malteser katholischer als der Papst sein sollten und er wollte ja nicht unhöflich sein. Tatsächlich wartete Luke bereits mit dem Pickup vorm Hotel und Tauchausrüstung hatte er auch geladen, also was soll´s, dachte Tim, kurz etwas spirituellen Beistand einholen und dann ab ins Wasser.

Die Altstadt Valettas war in diesen frühen Morgenstunden noch menschenleer. Die Sonne suchte sich ihren Weg durch die Häuserfluchten und Tauben flüchteten vor dem herannahenden Pickup. Langsam gefiel Tim die Idee, einen morgendlichen Abstecher in die, sonst von Touristen überfüllte, Altstadt zu machen. Ohne Menschenmassen wirkte Valetta, wie die großartige Kulisse eines Hollywoodfilmes. Vielleicht lösen wir ja den Da Vinci Code, dachte Tim? Nach ein paar Minuten Fahrt hielt Luke vor dem mächtigen, barocken Portal einer Kirche. „Lass uns rein gehen“, sagte er.

Auch die Kirche war um diese Uhrzeit noch wie leer gefegt und ein bisschen gruselig. Hier und dort saßen ein paar alte Leute ins Gebet vertieft und die morgendliche Sonne hüllte alles in ein diffuses Licht. Leise führte ihn Luke in eine der vorderen Reihen und wies ihn an, sich hin zu setzen. Tim betrachtete die kostbare Ausstattung des Kirchenbaus. Vor allem die Wand- und Deckenmalereien hatten es ihm angetan. „Meine Eltern haben mich nach dem Evangelisten Lukas benannt“, erklärte Luke. „In seiner Apostelgeschichte beschreibt er, wie Paulus im Jahre 60 nach Christus vor Malta Schiffbruch erlitten hat. Siehst du das Deckenfresco über dem Altar?“, fragte Luke. „Paulus betritt Malta und die ersten Malteser nehmen den neuen Glauben an. Diese Kirche ist dem Schiffswrack gewidmet, das uns unseren spirituellen Vater gebracht hat. Wo sonst bekommen Schiffswracks eine eigene Kirche?“, grinste Luke. Tim war ziemlich beeindruckt. „Komm“, sagte Luke, „ich lade dich auf einen Kaffee ein.“

Beim Kaffee erzählte Luke, dass Malta über die Jahrtausende Spielball aller, im Mittelmeerraum aktiven, Mächte war. Griechen,  Phönizier, Römer, Araber, Johanniter, Briten und alle hinterließen ihre Wracks. „Darum ist Malta heute einer der Hotspots für Wracktaucher“, erklärte Luke. „Für dich habe ich heute ein ganz spezielles Wrack aus der deutschen Geschichte ausgesucht.“ Na super, dachte Tim, kommt jetzt wieder irgend so eine Nazi Geschichte?

Nach einer 45-minütigen Fahrt quer über die Insel standen sie an der Mole von Ċirkewwa. Mehrere Kleinbusse und Pickups hatten bereits andere Taucher an ihr Ziel gebracht. „Wir haben Glück“, sagte Luke, „das Meer ist heute relativ ruhig.“ „Siehst du die große gelbe Boje dahinten?“, fragte Luke. „Ja“, antwortete Tim. „Da liegt das DDR Minensuchboot Boltenhagen“, fuhr Luke fort. „1990 versuchte Erich Honecker damit nach Libyen zu fliehen, wurde aber von der maltesischen Kriegsmarine versenkt.“ Tim musterte Luke. „Und geladen hatten sie das Bernsteinzimmer oder was?“ entgegnete Tim fassungslos. Luke konnte sich nicht mehr zusammenreißen und fing laut an zu lachen. „Ich verarsch dich nur!“, antwortete er. Luke erzählte, dass Malta 3 ausgemusterte DDR Minensuchboote gekauft hatte und diese ca. 10 Jahre als Patroillenboote einsetzte. Nach Außerdienststellung keimte der Gedanke auf, sie als attraktive Tauchziele zu versenken. Die P 29, so ihr maltesischer Name, wurde hier vor Ċirkewwa platziert und die P 31 vor Comino. Natürlich hatte man die Schiffe vorher gründlich von Öl und anderen schädlichen Substanzen befreit und als Tauchspots gesichert.

Tim und Luke machten sich tauchfertig. Es gab zwei Möglichkeiten das Wrack anzutauchen. Entweder paddelte man etwa 150 m an der Oberfläche und tauchte an der Boje ab oder man tauchte direkt ab und folgte 2 Markierungen bis zum Wrack. Da das Wrack bis auf 34 m lag, entschieden sich Tim und Luke für das Paddeln und ein geruhsames Austauchen auf dem Rückweg. 150 m klangen nicht viel, aber als sie erstmal im Wasser waren, machten sich die Wellen dann doch bemerkbar. Aber mit guten Flossen und solider Kondition hatten sie die Strecke schnell bewältigt. Nochmal ein kurzes Verschnaufen und dann gab Luke das Zeichen fürs Abtauchen. Langsam ließen sie sich am Bojenseil herab. Die Sonne durchbrach die Wasseroberfläche und hüllte beide in ein klares Blau. Nach 10 Metern sah Tim bereits die Umrisse des Wracks. Super Sicht heute, dachte er. Da lag es nun. Aufrecht stehend im Sand, als wär es erst gestern behutsam dort abgelegt worden. Die Umrisse wurden immer deutlicher erkennbar, Luftblasen anderer Taucher kamen ihnen entgegen. Sie erreichten den kerzengerade stehenden Mast, der wunderschön bewachsen war. Zahllose kleine Fische umschwärmten sie. Luke fragte nochmal das OK ab. Er hatte vorgeschlagen, zuerst das Innere des Schiffs zu erkunden. Sie drangen in die Brücke ein und stießen auf einen offenstehenden Sicherungskasten, der aussah, als hätte vor einer halben Stunde jemand gecheckt, ob hier alles in Ordnung sei. Wie immer durchlief Tim ein leichter Schauer, wenn er im Schein seiner Lampe ein Wrack betauchte. Ihm gefiel der Gedanke, dass hier wenigstens kein Seemann sein Leben gelassen hatte. So durchforsteten sie Raum für Raum. Unterhalb der Brücke gab es einen weiteren, sehr breiten Eingang in den Bauch des Schiffes. Vorsichtig ließen sie sich herab. Schade, dachte Tim, doch kein Bernsteinzimmer und musste sich ein Lachen verkneifen. Aber auch so war er beeindruckt. Es war vielleicht nicht das spektakulärste Wrack seiner Tauchkarriere, aber dafür hervorragend in Schuss und schön anzusehen, wie der schlanke Kahn perfekt im Sand eingeparkt war. Sie umrundeten das Wrack. Vorderschiffs war eine Bordkanone installiert. Und ja, sie machten die üblichen, albernen Fotos. Peng, peng und so. Jungs bleiben nun mal Jungs. Langsam aber sicher mussten sie den Rückweg antreten, wollten sie in ihrer Nullzeit bleiben. Luke gab die Richtung vor und beide tauchten in Richtung Mole aus. „Schöner Tauchgang“, sagte Tim. „Ja“, erwiderte Luke. „Wir hatten wirklich Glück mit der Sicht. Das ist hier leider nicht immer so.“

Kurz nach Mittag folgte ein zweiter Tauchgang vor Ċirkewwa zum Schlepper Rozi. „Wenn man schon mal gute Sicht hat, muss man das auch ausnutzen“, meinte Luke. Schlaftrunken blinzelte Tim aus dem Pickup und erblickte ein Strassenschild. „Popeye Village?“, fragte er. „Ja“, schmunzelte Luke. „Hier wurde ein komplettes Dorf als Filmkulisse für einen ziemlich erfolglosen Popeye Film gebaut. Aber Malta profitiert bis heute davon. Touristen sind ganz wild auf das Dorf!“ „Fahren wir da auch hin?“, fragte Tim. „Nein“, erwiderte Luke. „Das ist mir ne Nummer zu kitschig. Ich zeig dir lieber, was eine „Dive Bar“ ist. Dekobier kannte Tim. Dive Bar wird wohl was Ähnliches sein, dachte er. „Einverstanden!“

Tim hatte geduscht und sich anschließend eine Runde aufs Ohr gehauen. Nach dem Abendessen stand Luke vorm Hotel. „Auf geht´s!“, sagte er. Sie schlenderten durch die, nun wieder gut gefüllte, Altstadt von Valetta. Gut, das mal ohne die ganzen Touristen gesehen zu haben, dachte Tim. „Da sind wir“, sagte Luke.

Sie standen vor einer typisch englischen Kneipenfassade. Holzverkleideter Eingang, kleine Laternen und der Name „The Pub“. „Wollen wir nicht draußen sitzen?“, fragte Tim, als er Luke nach innen folgte. „Nein“, antwortete Luke kurz und bündig. Egal, dachte Tim. Der Laden war so lala. Nicht hässlich, aber auch nicht überwältigend. Was Tim sofort auffiel, waren die britischen und englischen Flaggen, vor allem die der englischen Kriegsmarine. Oje, dachte Tim. Seine Erfahrungen mit betrunkenen Engländern waren eher durchwachsen. Aber da er eh die ganze Zeit englisch mit Luke sprach und sein englisch mit steigendem Alkoholpegel eher besser wurde, würde er vielleicht nicht auffallen.

„Zwei Lager und zwei doppelte Rum“, bestellte Luke. „Na du legst aber vor“, sagte Tim. Luke grinste nur. Sie nahmen an einem Tisch an der Fensterfront Platz. „Cheers“, sagte Luke. Tim erwiderte. „Kannst du dich noch an Popeyes Village erinnern?“, fragte Luke. „Wo du nicht hin wolltest?“, fragte Tim. „Richtig“, antwortete Luke. „Die reiche Geschichte Maltas hat uns viele historische Bauwerke hinterlassen“, begann Luke. „Vor allem der Johanniterorden, der sich später in Malteserorden umbenannte, hat seit dem 16. Jahrhundert seine Spuren hinterlassen. Festungen, Kirchen und viele alte Gebäude. Darum ist ganz Malta als Filmkulisse sehr beliebt. Hier wurden beispielsweise Teile von „Game of Thrones“ und „Gladiator“ gedreht.“

Luke nippte an dem Rum und verdrehte seine Augen. „Nicht nach deinem Geschmack?“, fragte Tim. „Vielleicht noch etwas früh“, erwiderte Luke. „Wenn ich hier bin, ist das allerdings Pflicht.“ „Inwiefern?“, fragte Tim. „Oliver Reed, der in Gladiator den Proximo spielte, war Alkoholiker“, erzählte Luke. „Das wusste jeder am Set, aber was sollte man machen. Ohne Alkohol war der Mann zu nichts zu gebrauchen, also ließ man ihn gewähren. Die Filmcrew versuchte lediglich, das Ganze auf einem erträglichen Niveau zu halten. Wir sitzen gerade an seinem Lieblingstisch.“

Tim schaute Luke verdutzt an. Luke grinste. „Na glaubst du, ich schleppe dich ohne Grund in eine so räudige Bar?“, fragte Luke. „Das ist ein Laden zum Abstürzen, zum Hängenbleiben, eine Dive Bar! Am 2. Mai 1999 wurden Oliver Reed ein paar britische Matrosen zum Verhängnis. Erst soff er mit ihnen, dann besiegte er ein paar beim Armdrücken und nach 8 Lager, 12 doppelten Rum und einer halben Flasche Whiskey kippte er tot von deinem Barhocker.“ „Gibt es irgend einen Fleck auf Malta der keine Geschichte zu erzählen hat?“, fragte Tim. „Nein“, grinste Luke, „dafür ist Malta viel zu klein.“ Tim erhob sein Rumglas. „Auf Malta!“

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Geschrieben von
Matthias Heine
Archäologe, Forschungstaucher, Tauchlehrer
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